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„Predigten schreiben ist eine Königsdisziplin des Pfarrers“
Erkersreuth. „Liebe Kirchenvorsteherinnen, liebe Kirchenvorsteher, liebe Alle, hier die erste Predigt aus der „Predigtbox“. Der dazugehörige Gottesdienst wird morgen um 10 Uhr in Erkersreuth gefeiert.“ Mit diesen Worten startete in einer Mail vom 28. März 2020 die „Erkersreuther Predigtbox“. Pfarrer Dr. Jürgen Henkel hinterlegte ab diesem Sonntag seine Predigten in eigens aufgestellten Schachteln, den „Predigtboxen“. Diese waren in Bushäuschen oder vor Feuerwehrhäusern im Verbreitungsgebiet der Kirchengemeinde Erkersreuth aufgestellt. Gleichzeitig versandte Pfarrer Henkel diese per E-Mail, also in die Mailbox der Empfänger. „Predigt aus der Box“ hieß das damals im doppelten Sinne.
Es war die Zeit der Corona-Pandemie. Gottesdienste waren bis Mai staatlicherseits verboten. In der Kirchengemeinde Erkersreuth wurden weiterhin Gottesdienste gefeiert, allerdings wurde dazu nicht öffentlich eingeladen. Solange die Ausgehbeschränkungen und das Verbot von Gottesdiensten galt, feierte Pfarrer Henkel jeweils am Sonntag um zehn Uhr eine Andacht in der Kirche Zum Guten Hirten in Erkersreuth in Form eines Predigtgottesdienstes.
Damit die Gemeinde an dem Gottesdienst wenigstens zu Hause „teilnehmen“ konnte, gab es die Lesungen und Lieder sowie die Predigt vorher in der „Predigtbox“. So waren in Erkersreuth, Plößberg, Selb-Plößberg, Wildenau, Lauterbach, Schatzbach und Mühlbach sowie Reichenbach je eine kleine Schachtel mit Predigten aufgestellt. Diese bestückte Pfarrer Henkel jeweils am Samstag bis elf Uhr vormittags mit den ausgedruckten Predigten und der Übersicht zu den Liedern und Lesungen des Sonntags oder Feiertags. „Das war jeweils ein ‚Zug durch die Gemeinde‘ mit meist rund 120 im DIN A-3-Format fotokopierten Predigten im Gepäck.
„Wir haben uns damals gefreut, dass dies möglich war und vor allem auch Menschen ohne Internet leicht vor Ort an die Predigten herankommen konnten. So konnte jeder, der dies wünschte, am Sonntag im Geiste, in Gedanken und Gebeten mit dabei sein und den Gottesdienst zu Hause mitfeiern“, so Pfarrer Henkel.
Wer die Übersicht zu Lesungen und Liedern und die Predigten per Mail zugesendet bekommen wollte, konnte sich auf einen Verteiler im Pfarramt eintragen lassen. Hinzu kamen die Empfänger des Mail-Infobriefs des Pfarramts. Das jeweilige Liedblatt und die Predigt zum Sonntag wurden dann als pdf-Datei per Mail verschickt, selbstverständlich unter Berücksichtigung des Datenschutzes mit verborgenen Empfängeradressen. „So waren während der Corona-Zeit stets Predigten aus Box und Netz verfügbar, um den Menschen Trost und Zuspruch in dieser schwierigen Zeit zu schenken“, erinnert sich Pfarrer Henkel.
Sofort nach Ende des Gottesdienstverbots wurden in der Kirchengemeinde Erkersreuth wieder öffentliche Gottesdienste gefeiert. Staatliche Abstandsvorgaben wurden zwar eingehalten, doch gab es in der Gemeinde keine G2- oder G3-Zugangsbeschränkungen wie anderswo. „Am letzten Wochenende im Mai 2020 wurden die öffentlich aufgestellten Predigtboxen letztmalig bestückt. Auch die ‚Predigtbox‘ per E-Mail wollte ich damals eigentlich einstellen. Aber das Interesse war so groß und die Rückmeldungen so positiv, dass ich diese Initiative weitergeführt habe“, erinnert sich Pfarrer Henkel heute.
So ist die aus der Corona-Not geborene „Predigtbox“ längst zu einer Dauereinrichtung geworden. „Seit fünf Jahren gibt es jetzt die Predigtbox. Ich freue mich über das große Interesse und werde diese Initiative auch bis auf Weiteres fortführen. Das Echo ist überaus positiv. Immer wieder einmal werde ich auf die Mailpredigten angesprochen oder bekomme Rückmeldungen per Mail. Manche danken auch dafür, dass ihnen schwierige Predigttexte eines Sonntags so nähergebracht worden sind. Das motiviert mich weiterzumachen“, bilanziert Pfarrer Henkel seine Erfahrungen mit der Predigtbox.
Auf rund 100 Empfänger ist die „Predigtbox-Gemeinde“ seit März 2020 zwischenzeitlich angewachsen, es kommen jedes Jahr noch ein paar neue hinzu. Die Bezieher sind vor allem Gemeindeglieder aus der eigenen Gemeinde und der Region. Aber auch Wegbegleiter Henkels wie der frühere Diakonie-Rektor von Neuendettelsau, Hermann Schoenauer, und Freunde aus der Ökumene wie der langjährige Leiter des Ostkirchlichen Instituts des Bistums Regensburg, Monsignore Nikolaus Wyrwoll, sind darunter.
„Prälat Wyrwoll lebte im Ruhestand viele Jahre in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. Er war der am weitesten entfernt wohnende Empfänger der Predigtbox. Heute wohnt er in einem Seniorenheim in seinem Heimatbistum Hildesheim. Er meldet sich regelmäßig mit kurzen Anmerkungen zu den Predigten“, freut sich Henkel.
So ist die „Erkersreuther Predigtbox“ heute eine feste Institution. Selbst wenn Pfarrer Henkel an einem Sonntag nicht selbst Gottesdienst hält, dienstlich verreist oder im Urlaub ist, wird die Predigtbox meist mit früheren eigenen Predigten zum jeweiligen Sonntag bedient. Für Pfarrer Henkel spricht das weiterbestehende Interesse an der Predigtbox auch für die Bedeutung, die Predigten überhaupt beigemessen wird. Für ihn gilt: „Predigten schreiben und halten und Gottesdienste feiern sind für mich die Königsdisziplin eines Pfarrers.“
Mit dem Veröffentlichen von Predigten ist Pfarrer Jürgen Henkel im Übrigen seit langem vertraut. So steuerte er seit 2003 zahlreiche Predigten und Predigthilfen zu der Zeitschrift „Homiletisch-Liturgisches Korrespondenzblatt/HoLiKo“ bei, das nach dem Tod des Herausgebers, Pfarrer Norbert Kotowski, 2016 eingestellt wurde. 2021 hat Henkel dann seine eigene internationale Predigtzeitschrift „Auftrag und Wahrheit – Ökumenische Quartalsschrift für Predigt, Liturgie und Theologie“/AuW ins Leben gerufen. Mitherausgeber sind unter anderem Kardinal Gerhard Müller (Rom), der orthodoxe Metropolit Serafim von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa (Nürnberg) und der Bischofsvikar der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses von Rumänien, Daniel Zikeli (Bukarest).
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