Martin-Luther-Kirche Selb-Plößberg

Die evangelische Kirche von Selb-Plößberg wurde 1967 eingeweiht

2017 konnte die Martin-Luther-Kirche in Selb-Plößberg ganz passend angesichts ihres Namenspatrons im Luther-Jahr 2017 ihr 50jähriges Jubiläum feiern. Bereits im Jahr 1956 beschloss der Kirchenvorstand der Kirchengemeinde Erkersreuth den Bau einer eigenen weiteren Kirche in Selb-Plößberg. Die Siedlung des früheren „Selb-Bahnhof“ wuchs immer weiter an. Neue Baugebiete wie in Vielitz-Siedlung wurden erschlossen. Immer mehr junge Menschen bauten in diesen Jahren des Wirtschaftswunders neue Häuser und schufen sich Eigenheime. So erkannten die Gemeindeoberen des Kirchenvorstands die Notwendigkeit, in Selb-Plößberg eine zweite Kirche zu bauen.

 

Der Wunsch vor Ort nach einer eigenen Kirche hatte mehrere Gründe. Das hing auch mit den schlechten Wegverhältnissen zwischen Erkersreuth und Selb-Plößberg zusammen. „Es gab nur einen ausgebauten Feldweg, der im Winter für lange Zeit oft nicht begangen oder befahren werden konnte“, erinnerte sich der damalige Pfarrer Friedrich Dietsch, der von 1962 bis 1967 in der Kirchengemeinde Erkersreuth amtierte und den Bau als Pfarrer betreute, zum 25jährigen Kirchenjubiläum im Jahr 1992.

 

Fünf Gründe nennt der Beschluss des Kirchenvorstands vom 26. November 1956 für den Bau der neuen Kirche und blickt dabei auch auf die katholische „Konkurrenz“ und sogar Sekten: „1. Seit langem Anregungen von Seiten der Plößberger Gemeindeglieder zum Kirchbau. 2. 3 bis 4 km Entfernung zum Kirchdorf Erkersreuth und schlechte Wegverhältnisse. 3. Über 1.000 evangelische Christen in der politischen Gemeinde Selb-Plößberg und der Siedlung Vielitz. 4. Verstärkte Aktivitäten der katholischen Kirche im Kirchbau. 5. Geschäftigkeit der Sekten verlangt für die evangelischen Gemeindeglieder ein kirchliches Zentrum in Plößberg.“

Mit diesem Beschluss begannen die Überlegungen im Blick auf die Lage und die Gestalt der neuen Kirche. Zeitlich relativ parallel wurde 1960 auch bereits die Notwendigkeit eines neuen Kindergartens für Selb-Plößberg und Vielitz-Siedlung erkannt. Nach Grundstücksverhandlungen konnte das Grundstück am Auweg für den Bau im August jenes Jahres von der Erbengemeinschaft Zeidler erworben werden. Am 30. Oktober folgte der Beschluss, gleich noch einen evangelischen Kindergarten zu bauen. Es war eine grundsätzliche und richtige Entscheidung mit Weitblick, einen gemeinsamen Komplex aus Kirche und Kindergarten neu zu bauen.

Krippe Martin-Luther-Kirche Selb-Plößberg
Martin-Luther-Kirche Selb-Plößberg 2
S-Pl Winter

Am 15. September 1963 konnte als erstes der Kindergarten durch Dekan Bernhard Marx eingeweiht werden. Zwei Jahre später – im Juli 1965 – wurde die kirchenaufsichtliche Genehmigung für den Neubau der Kirche und des Gemeinderaums mit einem Kostenaufwand von 209.000 D-Mark erteilt. Noch im Juli wurde ein Kirchenbau-Ausschuss aus Ortspfarrer Dietsch, den Kirchenvorstehern und Ersatzleuten aus Selb-Plößberg gebildet. Architekt Horst Rudorf aus Hof, der bereits den Vorentwurf und die Eingabepläne gefertigt hatte, wurde mit der gesamten Bauleitung betraut. Bereits im November wurden die Gewerke vergeben. Am 15. Mai 1966 kam es zur Grundsteinlegung für die Kirche.

 

Angesichts der Dauer heutiger Genehmigungsverfahren und aktueller Baukosten waren das damals nach Zeit und Kosten noch paradiesische Zustände, auch wenn das für damalige Verhältnisse auch viel Geld war. Das heimische Unternehmen von Bauingenieur Arno Veit war schließlich die ausführende Baufirma. Am 23. September 1966 fand das Richtfest statt. Doch es galt nicht nur, eine Kirche zu bauen, sondern diese auch „zum Klingen zu bringen“. So beauftragte der Kirchenvorstand im März 1967 die Glockengießerei Schilling aus Heidelberg mit dem Guss von drei Bronzeglocken.

Orgel Selb-Plößberg

Am 24. September 1967 war es dann soweit: die neue „Martin-Luther-Kirche“ in Selb-Plößberg wurde von Kreisdekan Emil Flurschütz feierlich eingeweiht, freilich noch ohne Orgel. Zur Kircheneinweihung kamen rund 500 Gemeindeglieder und Gäste. Begleitet wurde die Zeremonie von den Posaunenchören Selb und Schönwald. So kann die Kirchengemeinde heuer geradezu punktgenau am 24. September an die Einweihung von vor 50 Jahren erinnern.

 

Der Kirchenbau hat eine spannende Vorgeschichte und manche spannenden Begleitumstände. So fanden bis zur Einweihung der Kirche sogar noch Gottesdienste im Kindergarten statt. So erstmals auf Beschluss des Kirchenvorstands am Heiligen Abend 1964. Für die Durchführung dieser Gottesdienste wurden 100 Stühle, ein Pult, einige Tische und ein Kleiderrechen angeschafft.

 

Mit der Einweihung 1967 war aber die Arbeit für den Kirchenvorstand noch nicht erledigt. Im Mai 1969 erstellte zunächst der Orgelsachverständige Walther Haffner, damals Kantor in Wunsiedel, eine Orgeldisposition für die neue Kirche. Aus drei Angeboten erhielt die Orgelbaufirma Simon aus Landshut den Zuschlag, eine neue Orgel für die frischgeweihte Kirche zu bauen.

 

Nachdem zum 1. September 1970 die kirchliche Eingemeindung der Siedlung Vielitz in die Kirchengemeinde Erkersreuth rechtskräftig wurde, war die neue Kirche auch offiziell der Anlaufpunkt auch für die Gläubigen aus diesem Stadtteil. Große Freude herrschte dann Ende September: anlässlich der Kirchweih 1970 konnte Dekan Ludwig Krämer die neue Orgel weihen. Die Gesamtkosten der Orgel betrugen 32.435,66 Euro.

 

Doch noch immer hatte die Kirche nicht das jetzige Antlitz. Erst 1980 kam es zu Planungen für eine Erweiterung um den Jugendraum als Anbau, der freilich bis heute als Veranstaltungsraum für den Kindergarten und die gesamte Gemeinde dient. Dieser Anbau konnte 1986 eingeweiht werden. Die Baukosten dafür hatten noch einmal 200.000 D-Mark betragen.

 

Hier wurde auf Initiative aus der Gemeinde heraus schrittweise ein kleines, aber richtig feines Kirchenzentrum mit Kirche, Kindergarten und Gemeinderäumen geschaffen. Von kleineren Konfirmandengruppen bis zur Festgemeinde beim Osterfrühstück finden hier Gruppen und Kreise unterschiedlichster Größe von der Kirche bis zu den Gruppenräumen ideale Räumlichkeiten vor. 2019 wurde der Kirchenvorplatz neu gestaltet und eingeweiht. Eine Innen- und Außensanierung der Kirche wird folgen. Der Kindergarten wurde inzwischen mit dem neuen in Erkersreuth zusammengelegt, das Gebäude stillgelegt.